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bild 01Die Anfänge

Der Burgfelsen aus Vulkangestein, auf dem heute alljährlich zum Tattoo geblasen wird, erschien den Menschen nicht erst seit gestern ein idealer Platz für eine Befestigungsanlage zu sein. Die Pikten bauten der Legende nach dort im 5. Jh. eine Wehrburg, auf Gälisch Dunedin (Festung am Bergrücken) genannt, um die sie in den nächsten 600 Jahren mit Angelsachsen aus Northumbrien stritten.

Neben den Pikten soll auch König Edwin von Northumbrien für den Burgnamen Pate gestanden haben, obwohl er zur Zeit der vorübergehenden Eroberung durch seinen Stamm nicht mehr lebte! Die Ursprünge von Auld Reekie (die Verräucherte) sind also von dickem mythologischem Nebel verhüllt.

Beide Erklärungen des Namens ergänzen sich und sind zumindest nicht falsch, da sie sowohl auf die keltische als auch die angelsächsische Vergangenheit hinweisen.

Königsstadt Edinburgh

Die Besiedlung des Vulkans hat eine lange Geschichte, allerdings werden Wohnbauten erstmals in Dokumenten aus dem 11. Jh. erwähnt. Da die Römer bis in die Gegend von Edinburgh kamen, ist es auch naheliegend (aber nicht bewiesen), dass sie hier ein Fort errichteten. Dieses hätte es ihnen ermöglicht, die kämpferischen Schotten im Auge zu behalten.

1068 zog der Bezwinger des Macbeth, Malcolm III, auf den unbewohnten Felsen und erbaute eine Residenz aus Stein. Malcolm III war der letzte rein gälische König der Schotten. Er heiratete die englische Prinzessin Margaret, zu deren Ehren ihr Sohn 1130 eine Kapelle erschuf. Dieses Gotteshaus ist heute das älteste Bauwerk der Stadt. Mit der Burg als Zentrum entstand das frühe Edinburgh auf dem abfallenden Grat des Vulkanfelsens.

bild 02Kurz nachdem die am Fuß des Felsens liegende Abtei von Holyrood durch eine staatliche Schenkung zur Royal Burgh Canongate wurde, erhielt die aufblühende Siedlung im 12. Jh. das Stadtrecht.

Von nun an wuchsen beide Marktflecken, Canongate und Edinburgh, aufeinander zu, da sie sich unter dem Schutz der Abtei und der Festung rasch entwickeln konnten. Zwischen den zwei Orten entstand der berühmte Straßenzug, den wir heute als Royal Mile kennen.

Aufstieg zur Hauptstadt

Edinburgh wurde während der Invasion Edward I niedergebrannt und die Burg eingenommen. 1313 eroberte Robert the Bruce sie zurück und zerstörte sie vorsichtshalber. In den folgenden Jahren wechselten sich Engländer und Schotten regelmäßig als „Burgherren" ab.

Robert the Bruce garantierte der Stadt 1329 besondere Privilegien. Diese königliche Fürsprache ermöglichte es sowohl die Hafenzölle von Leith als auch die Nutzung der Mühlen sicherzustellen.

Die Stadt wurde weiter ausgebaut und befestigt, was zur weiteren Etablierung Edinburghs beitrug. Dies führte dazu, dass sie Mitte des 15. Jh. als sicherster Königssitz des Landes galt.

Unter dem Stuart-König Jacob II löste Edinburgh Perth als bisherige schottische Hauptstadt ab.

Reformation und Religionskriege

Im 16. Jh. wurde Edinburgh gleich mehrmals heimgesucht: Zum einen zerstörte ein Feuer den Großteil der Stadt, obendrein fiel auch noch Henry VIII in die Hauptstadt ein. Dieser Feldzug fand im Rahmen des Rough Wooing statt, dessen Ziel es war, seinen Sohn Edward mit Mary Stuart zu vermählen. Diese beiden Ereignisse schwächten Edinburgh und seine Bürger derart, dass die anschließend grassierende Pest leichtes Spiel hatte und Abertausende dahinraffte.

Während der kurzen unglücklichen Regierungszeit Mary Stuart's war Edinburgh Schauplatz tragischer Auseinandersetzungen, die in der Abdankung und Flucht der Königin gipfelten.

bild 03John Knox, dem großen Reformer, erging es deutlich besser, als der unglückseligen Monarchin. Mit seinem erbitterten Kampf gegen die katholischen Stuarts sowie die Kirche gelang es ihm, bis 1560 die Reformation durchzusetzen. Als der Sohn von Mary Stuart, Jacob, im Jahre 1603 König von England und Schottland wurde, verlegte er den Königssitz für immer von Holyrood Palace nach London.

Nach einem Bürgerkrieg um die schottische Kirchenverfassung und die Stellung des Stuart-Monarchen in England ließ der Anführer des rebellischen Parlaments, Oliver Cromwell, den Stuart-König Charles I hinrichten. Im Anschluss an diese Gräueltat besetzte er 1650 Edinburgh. Cromwell's Tod nach zehn Jahren grausamer Militärherrschaft und die Wiedereinsetzung eines weiteren Stuart-Königs beendeten – zumindest für kurze Zeit - das englische Zwischenspiel.

Kultureller Aufschwung

Bis zur Vereinigung mit England (Union of the Crowns, 1707) behielt Edinburgh noch sein eigenständiges Parlament bei. Aber die politische Bedeutung und das Prestige flauten bereits 100 Jahre früher ab.

Im gleichen Maße, wie die Kirche an Autorität verlor, schwand auch die politische Macht der Stadt. Der Wohlstand verlagerte sich auf den künstlerischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Bereich. Die Vereinigung der Parlamente (Union of Parliaments) öffnete die übrige Welt für Schottland und leitete eine Phase kultureller Blüte ein.

bild 04Die Universität entwickelte sich zu einem Zentrum der Forschung, das auf die gesamte europäische Geisteswelt Einfluss nahm, und die Stadt erblühte zur literarischen Metropole.

Edinburgh war die Wirkungsstätte von Adam Smith, David Hume, Robert Ferguson sowie der drei Juristen Scott, Boswell und Stevenson, die durch ihre Literatur in die Geschichte eingingen. Ebenso hier zu Hause waren der Prominentenmaler Henry Raeburn als auch die Mediziner Lord Lister und Sir Simpson, die auf den Gebieten der Antisepsis und Chloroformnarkose Pionierarbeit leisteten.

Im Übrigen entfalteten die Baumeister Telford, Craig sowie Vater und Söhne Adam ihre Kunst in Edinburgh. Gegen Ende des 18. Jh. war Robert Burns, der dichtende Bauer aus Ayrshire, Liebling der Gesellschaft von Edinburgh, die zwischenzeitlich bedauerlicherweise dem schottischen Dialekt abgeschworen hatte und das „vornehmere" King's English vorzog.

bild 05Die Ausdehnung der Altstadt

Die eigentümliche geographische Lage sorgte in der Stadt für eine Architektur, deren charakteristische Züge bis heute zum großen Teil erhalten geblieben sind.

Bis 1760 verhinderte die Steilheit des Burgfelsens die weitere Ausdehnung der Großstadt, weshalb sich die bis dahin 25.000 Einwohner zwischen der Burg und Palace of Holyroodhouse zwängten. Ebenso die Stadtmauer sowie der Nor' Loch, ein künstlicher See am Fuß des Felsens, behinderten ein Wachstum in die Breite.

Durch diese räumliche Enge entstanden die ersten europäischen Hochhäuser, die bis zu 15 Stockwerke zählten. Allein schon die ohnehin üblichen acht Etagen riefen bei den Besuchern viel Erstaunen und Bewunderung hervor. In sozialer Eintracht lebten Adelige, Handwerker sowie Kaufleute, Arme und Ärmste gemeinsam in solchen Bauwerken, die sie Lands nannten.

Als die Häuser 1767 wegen Überfüllung einzustürzen begannen, suchte Bürgermeister Drummond aufs Neue nach Alternativen. Er ließ den See entwässern und schrieb einen Architektenwettbewerb zur Lösung des Problems aus. Den Sieger beauftragte er, den ersten Bauabschnitt der New Town anzulegen. Der zu dieser Zeit gänzlich unbekannte James Craig hatte einen genialen Entwurf für diesen neuen, georgianischen Stadtteil jenseits des Nor' Loch vorgelegt.

bild 06Zu Beginn der Trockenlegung blieb Nor' Loch noch für einige Zeit eine Sumpflandschaft. Jetzt verläuft dort die Eisenbahnlinie, und nur die oft nebelgefüllten Princes Street Gardens erinnern noch heute daran, dass hier einst ein See war. Drei Brücken mussten zur Verbindung von Old und New Town über den Sumpf gebaut werden (North Bridge, George IV Bridge und Waverly Bridge). Mit all den späteren Ergänzungen der folgenden 80 Jahre wurde die New Town ein großzügig angelegter Stadtteil mit rechtwinkligen Straßen und weitläufigen Plätzen.

Im zweiten Bauabschnitt kamen auch runde und elliptische Plätze hinzu, die von anmutigen klassizistischen Häusern umgeben sind. Die teilweise nur einseitig bebauten Straßen erlaubten einen guten Blick hinüber zum Castle und der Old Town, der man entkommen war. Das Geschäftsleben fand weiterhin in der Old Town statt, während die New Town anfänglich als reines Wohngebiet den Wohlhabenden vorbehalten war.

In der Old Town lebten bis ins 19. Jh. nur die Armen und Unterprivilegierten. Die Zustände hier waren alles andere als menschenwürdig. Durch aufwendige Restaurierungen wurde die malerische Altstadt zum Glück gerettet. Derzeit leben etwa 20.000 Bewohner in der Old Town, was für die extrem hohen Mieten schon eine ganze Menge ist.